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Wenn Teamarbeit mit Kollegen nervt

14. Januar 2011

Der eine klaut die Ideen des anderen, der nächste schleimt beim Chef und dann gibt es wieder Kollegen, die sich für Punkt 17 Uhr den Wecker stellen – Arbeitsende. Fast in jedem Team gäbe es mindestens einen „komischen“ Kollegen oder Chef, sagen die beiden Hamburger Berater und Autoren Svenja Hofert und Thorsten Visbal. Kann ich gut verstehen. Nach einem zweijährigen Ausflug ins Angestelltendasein verließ ich Ende 1994 ein Medienunternehmen, weil manche Kollegen und der Chef nervten. Ich wollte wieder selbständig sein und war seinerzeit unabhängig von Familie und Kindern. Doch was tun, wenn ein Kollege oder eine Kollegin den Abteilungsfrieden oder das vernetzte Projektteam stört – und die persönliche Zufriedenheit am Arbeitsplatz gefährdet, aber die Zusammenarbeit unvermeidbar ist? Und wie denken die Deutschen über Teamarbeit?

Svenja Hofert und Thorsten Visbal, Autoren des Buches „Ich hasse Teams. Wie Sie die Woche mit Kollegen überleben“, fanden bei einer Befragung von 100 Personen heraus, dass Teamarbeit in Deutschland unbeliebt ist. Nach ihrer Ansicht liegen die Gründe darin, dass der Erfolg des Zusammenarbeitens durch Egoismus, Machtbedürfnisse sowie eine zu geringe Übernahme von Verantwortung durch einzelne Teammitglieder gestört ist. Rund die Hälfte der von Hofert und Visbal befragten Personen arbeitet alleine effizienter als im Team. Selbstständige und Führungskräfte entpuppten sich als weniger Teamaffin. Die Personengruppe der normalen Angestellten ohne Führungsverantwortung arbeitet jedoch gern mit Kollegen, stört sich aber nichtsdestotrotz an den Nebenwirkungen.

 

Kleiner Teamknigge

Der Nörgler: Er, selten sie, hat an allem etwas auszusetzen. Das nervt Sie und das Team! Sprechen Sie mit dem Kollegen darüber, aber bitte unter vier Augen. Vereinbaren Sie eine Selbsterfahrungsübung, zum Beispiel: Der Kollege verzichtet einen Tag aufs Nörgeln, dafür kritisieren Sie acht Stunden lang, was das Zeug hält. Am Ende trinken Sie gemeinsam Café und tauschen sich darüber aus, was Sie in der jeweils anderen Rolle gespürt und erfahren haben.
Der Selbstdarsteller: Er und seltener sie redet und arbeitet nicht. Oft arbeitet er als Chef oder im Vertrieb. Schlagen Sie vor, in einem „Teamprojekt“ die Rollen zu tauschen. Beispiel: Die Organisation der nächsten Weihnachtsfeier. Während Sie die Kollegen informieren und eine Rede halten, soll der Selbstdarsteller einmal die Organisation übernehmen. Quasi als Selbsterfahrungsübung für beide Seiten.
Der faule Kollege: Wenn Sie ausbaden müssen, dass der Kollege oder die Kollegin seinen/ihren Job nur als Arbeit und nicht als Aufgabe ansieht, dann sprechen Sie das unter vier Augen an. Kündigen Sie Ihre Kritik an und formulieren Sie diese aus der Ich-Perspektive: „Ich verstehe, dass du pünktlich bei deinem Fußballverein sein willst. Die Folge für mich ist aber, dass ich deine Arbeit auch noch übernehmen muss. Ich fühle mich deshalb überlastet. Wie können wir das ändern?“
Der Ideendieb: Er oder sie ist immer ganz vorn mit dem Mundwerk und gibt Ihre Ideen vor dem Chef als seine/ihre aus. Kommunizieren Sie Ihre Ideen deutlich vor dem Team und dem Chef, das erschwert dem Ideendieb den „Mundraub“. Skizzieren Sie Ideen eventuell auch schriftlich. Sagen Sie, wenn es Ihre Idee war. „Moment Mal, das habe ich doch schon Donnerstag vorgeschlagen?“
Der falsche Chef: Er, öfter auch sie, ist eigentlich nicht zum Chef geboren. Aber die Führungsspitze hat ihn strafversetzt oder sieht die Inkompetenz nicht. Erst einmal: Ändern können Sie an der Situation nichts, nur an sich selbst. Oft empfinden Sie Schwächen des Chefs, wenn Sie sich selbst im „Hochstatus“ dem Chef überlegen fühlen, der hingegen in ihren Augen einen „Niedrigstatus“ einnimmt, weil er unsicher oder entscheidungsschwach wirkt. Die Lösung: Machen Sie sich bewusst kleiner, verhalten Sie sich langsamer, vorsichtiger, fahren Sie das eigene Selbstbewusstsein im Umgang mit diesem Chef zurück – Sie werden sehen, dass Sie damit einen besseren Zugang zum Vorgesetzten bekommen.

 

Nebenwirkungen von Teamarbeit

36% aller Befragten nervt ineffizientes Arbeiten. Als negative Teamerlebnisse wurden ineffiziente Umsetzung (23%) und schlechte Kommunikation genannt (16%). Unproduktive Meetings sind mit 7% ein weiteres Team-Hemmnis. „Das Ergebnis zeigt, dass Teamarbeit in der Praxis meist nicht funktioniert“, sagt Svenja Hofert. „Schuld daran hat auch die in Deutschland vorherrschende Überzeugung, dass Teamarbeiter zwar in den Stelleninseraten gesucht würden, in Wahrheit aber Einzelkämpfer Karriere machten.“ Dies sei in Deutschland ausgeprägter als in anderen Ländern. Die Ursache dafür liegt laut Hofert darin, dass immer noch vor allem die Leistung des Einzelnen bewertet würde, nicht die des Teams. „Hier muss vor allem eine Veränderung in den Köpfen stattfinden“, so Thorsten Visbal. „Ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Teamzufriedenheit liegt daran, dass Kollegen die Kompetenzen der anderen Teammitglieder erkennen und schätzen lernen.“ Als Geheimrezept Nr. 1 für die erfolgreiche Zusammenarbeit im Team ermittelten die Berater dann auch die Wertschätzung gegenüber Teammitgliedern. Ein respektvoller und vertrauensvoller Umgang auf Augenhöhe, gekennzeichnet durch Ehrlichkeit und Anerkennung wird vielfach gewünscht, aber selten in der Praxis eingelöst. Egoistisches Verhalten, Machtstreben und die Faulheit Einzelner sorgt stattdessen dafür, dass die Teamarbeit an sich in Frage gestellt wird. Die Studie können Interessierte im Internet herunterladen. Außerdem findet sich auf ihrer Website ein Test, der den individuellen „Teamhasser-Wert“ bestimmt.

Über die Autoren:
Svenja Hofert hat mehr als 25 erfolgreiche Bücher geschrieben und arbeitet seit vielen Jahren in Hamburg als Karriere- und Unternehmensberaterin.
Thorsten Visbal ist Unternehmensberater und Organisationsentwicklung mit Schwerpunkt Team. Zusammen sind sie Autoren des Buchs „Ich hasse Teams. Wie Sie die Woche mit Kollegen überleben“, das im Eichborn-Verlag erschienen ist (ISBN 3821857218). Ein Buch, so die Autoren, für alle, die gerne allein arbeiten und trotzdem in Teams gesteckt werden. Geschichten über typische Teamsituationen, Lösungen von Teamproblemen und handfeste Tipps für bessere Zusammenarbeit ohne erhobenen Zeigefinger.