Aus der Küche dringt Lärm. Karin Janner klickt noch schnell auf den Sendeknopf, um eine E-Mail an einen Kunden zu verschicken, bevor sie der Ursache auf den Grund geht. Heute haben ihre beiden Kinder Lena und Samuel schulfrei, backen das erste Mal alleine Kuchen. „Da muss ich manchmal schon eingreifen, bevor hier alles in einem Chaos versinkt“, meint sie lächelnd. Ein Backblech war runtergefallen, kein ernster Schaden entstanden.
Karin Janner ist wie ihr Mann Uwe selbständig. Sie ist Marketingberaterin mit Schwerpunkt Social Media, Kulturmanagerin – sowie Gründerin eines Internet-Startups. Für Sie ein täglicher Spagat zwischen Unternehmen und Familie, der von allen viel Disziplin abverlangt. „Die Türe zu meinem Arbeitszimmer ist zu und die Kinder klopfen, wenn sie etwas Wichtiges brauchen. Ansonsten beschäftigen sie sich mit ihren eigenen Sachen. Wir treffen uns zum Mittagessen und mal zwischendurch zum Quatschen“, erklärt sie.
Wechsel von Wien nach Berlin
Auf dem Weg in ihr externes Büro, das sich direkt im Hinterhaus befindet, schwärmt Karin Janner von Berlin. Der Stadt, in der die meisten Internet-Firmen gegründet werden. Die gebürtige Wienerin lebt hier mit ihren Kindern und Ehemann Uwe, der als selbständiger Softwareentwickler tätig ist, schon seit zehn Jahren. „Es schwirrt hier ein Haufen kreativer Freiberufler und Agenturen herum, und wir teilen uns nicht nur Besprechungs- und Seminarräume, sondern netzwerken auch und helfen einander aus“, erzählt sie. „An Berlin fasziniert mich, dass hier so viele Leute experimentierfreudig sind und neue Lebens- sowie Arbeitsformen ausprobieren. In Wien neigt man dazu, seinen vorgezeichneten Weg zu gehen bis zur Rente und dabei zu jammern, dass man unglücklich im Job ist.“ Erst vor knapp zwei Jahren gründete die 42-Jährige mit Partnern das Startup spieltz.de, ein Portal und Verlag für individuelle Brettspiele. Auf der Website kann jeder Internet-Nutzer ein selbst erfundenes Spiel kreieren und es auch in einem Shop verkaufen.
Neuanfang vor sieben Jahren
Karin Janner gab für den Neuanfang in Berlin einen gut bezahlten und sicheren Job als Apothekerin auf. Ursprünglich hat sie mal Pharmazie studiert, später dann, als Samuel und Lena bereits auf der Welt waren, studierte sie noch Kultur- und Medienmanagement und schloss mit einem Diplom ab. Es folgten zahlreiche Praktika und freie Mitarbeit für Agenturen. „Für einen Hungerlohn“, wie sie heute meint. Karin Janner war es satt, für andere zu arbeiten und traf eine folgenreiche Entscheidung: Ich mache mich selbständig! „Für mich als Quereinsteigerin, was sollte ich tun? Ewig lang Praktika machen oder unterbezahlte Volontariatsstellen, und das mit 35? Da ist es besser, sich selbstständig zu machen und erst einmal Zeit in Projekte zu investieren, die man nicht oder nur wenig bezahlt bekommt. Um die Erfahrungen zu sammeln, die man braucht und um von Anfang an seinen eigenen Namen nach vorne bringen zu können, und nicht den von irgendeiner Agentur, für die man arbeitet.“
Kultur meets Social Media
Janner bildete sich weiter: Marketing, Projektmanagement, PR und Social Media. Und begann frühzeitig damit, eine Nische zu besetzen: Kulturmanagement und Social Media. „Ein Schlüsselprojekt für mich war die stARTconference, die erste Konferenz zum Thema Kultur und Social Media mit etwa 500 Teilnehmern und 50 Sprechern, die ich gemeinsam mit drei Partnern bereits 2009 initiierte. Die Tagung findet seitdem jährlich in Duisburg statt“, erzählt sie stolz. Anfang 2012 zog sich Janner aus der Konferenzplanung zurück, um den Weg für neue Projekte freizumachen.
Die sympathische Wienerin wollte schon immer ihr eigener Chef sein, Ideen verwirklichen und alle „Fäden in der Hand halten“, wie sie ihre Motivation begründet – und: „Ich trage gern Verantwortung und liebe das Risiko als Unternehmerin. Vor allem kann ich mir zur Freude meiner Kinder die Zeit frei einteilen.“
Familienmanagement bei Janners
Die 13-Jährige Lena und der 10-Jährige Samuel gehen mittlerweile aufs Gymnasium und sind – ganz wie ihre Eltern – sehr eigenständig. „Natürlich versuche ich, so viel wie möglich zu schaffen, wenn die Kinder in der Schule sind. Damit ich dann Zeit für sie habe, wenn sie zu Hause sind. Oft mache ich dann am Nachmittag eine Pause, um etwas gemeinsam mit ihnen zu unternehmen oder um ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen. Am Abend, wenn mein Mann nach Hause kommt, essen wir alle zusammen zu Abend“, erklärt sie ihren Tagesablauf als Unternehmerin und Mutter. Sie und Ehemann Uwe teilen sich die Betreuung von Lena und Samuel. „Wenn ich beruflich verreisen muss, kann er früher vom Büro nach Hause kommen oder von zu Hause aus arbeiten“, sagt sie.
Wenn die Kinder im Bett liegen, sitzt Karin Janner oft wieder am PC und arbeitet bis Mitternacht: „Ich war schon immer eher Nachtarbeiterin und es gefällt mir, selbst zu bestimmen, wie ich meine Zeit einteile, wann ich meine Arbeitsstunden leiste und wann ich mir Pausen und Freizeit gönne. Aber am Wochenende bleibt der PC aus und ich nehme mir Zeit für meine Familie und Freunde.“
Seit Beginn ihrer Selbstständigkeit ist im Netz sehr aktiv: vor fünf Jahren begann Karin Janner zu bloggen und ein Jahr später startete sie mit ihren Social-Media-Aktivitäten, vor allem um sich ein Netzwerk aufzubauen und natürlich Geschäftskontakte zu finden. „Kaltakquise ist nicht mein Ding. Lieber blogge ich, stelle Projekte wie die stARTconference auf die Beine, schreibe Bücher und organisiere Netzwerktreffen. Mittlerweile läuft alles ganz gut auf diese Weise, ich kann mich nicht beschweren“, meint sie und schmunzelt zufrieden.
Karin Janner, 42, Diplom-Kulturmanagerin, Marketingberaterin für Social Media, Existenzgründerin.
Selbständig seit 2006.