Handgeschriebene Briefe wecken Emotionen. Doch wer gibt sich heute noch die Mühe, einen Brief ohne Computer zu schreiben, gar mit einem edlen Füllfederhalter? Wie viele handgeschriebene Briefe und Karten, bis auf die üblichen Urlaubsgrüße, landen pro Jahr auf Ihrem Schreibtisch? Handschrift weckt nicht nur Aufmerksamkeit und Neugier, sie zeigt dem Empfänger, dass seine Person geschätzt wird. Folge: Der Empfänger verknüpft die eigene Freude über die Wertschätzung seiner Person mit dem Unternehmen, sowie dessen Dienstleistungen und Produkten. Er revanchiert sich – mindestens mit Aufmerksamkeit.

Existenzgründer Thorsten Petzold

Existenzgründer Thorsten Petzold

Bis zu 2000 mehrsprachige Texte täglich

Die kreative Berliner Schreibstatt, Manufaktur für handgeschriebene Kommunikation, die erst vor wenigen Tagen ihren Geschäftsbetrieb aufnahm, möchte die typische Werbepost mit handgeschriebenen Kuverts und Texten neu beleben. Unter der Regie von Existenzgründer Thorsten Petzold schwingen über 30 weibliche und männliche Schönschreiber die Feder – für Zeilen, die sofort ins Auge fallen und Wertschätzung kommunizieren. Bis zu 2000 Texte pro Tag bringen sie per Hand auf Papier – auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch. Innerhalb weniger Tage realisiert das Unternehmen bis zu fünfstellige Auflagen – ob für Nachfassaktionen bei Bestandskunden oder zur Neukundengewinnung, ob für Glückwünsche oder Einladungen.

Positiver Nebeneffekt des konzentrierten Schreibens mit der Hand: Beim Adressieren werden Fehler aus der Adressen-Datenbank korrigiert. Anschreiben, die beispielsweise mit der Anrede „Frau“ statt „Herr“ beginnen, lösen beim Empfänger Befremden, wenn nicht Ärger aus. „Trotz aller technischer Finessen ist das menschliche Auge die bessere Software“, kommentiert Petzold, „und die Datenqualität erhöht sich enorm“.

Markt analysieren, testen und feilen am Konzept

Petzold arbeitete zuvor als Vertriebsleiter in Unternehmen und erwarb ein reichhaltiges Wissen über Massenmailings. „Jeder Kunde möchte individuell angesprochen werden“, meint er. Doch ihm reichten die nach seiner Ansicht imitierten Versuche nicht aus. Der Mailingexperte stellte Marktanalysen an und fand kleine Firmen, die nur geringe Auflagen mit Studenten realisieren konnten. Also begann er damit, kleinere Testaufträge abzuwickeln, mit denen er sein Konzept überprüfen konnte.

Im April diesen Jahres gründete Petzold dann eine GmbH und warb 30 Schreiberlinge an, die vor allem eines können müssen: schön schreiben. „Manche Kunden bevorzugen eine geschwungene Handschrift, während andere eine gewisse Alltäglichkeit favorisieren. Unsere große Auswahl hilft dabei“, so Petzold. Die meisten seiner Mitarbeiter erhalten Projektverträge im Anstellungsverhältnis und sind Studenten, Hausfrauen, anderweitig Teilzeit-Beschäftigte, Rentner, Arbeitslose – sowie Freiberufler. Eben ein bunter Querschnitt. „Für mich ist es ja besonders wichtig, die schönsten Handschriften zu finden und die haben manchmal überraschenderweise auch Menschen, die keinerlei berufliche Verbindung zur Schrift haben“, meint der Berliner Unternehmer.

Kleinstunternehmer: Allround-Persönlichkeit gefragt

Petzold hat ursprünglich Geschichte und Philosophie an der Berliner Humbold-Universität studiert. „Mein Philosophiestudium hat mir vor allem dabei geholfen, die richtigen Fragen zu stellen, vieles zu hinterfragen“, meint er heute. Der 45-Jährige überlegte gemeinsam mit seiner Frau, ob er ein sicheres Angestelltendasein gegen eine unsichere Zukunft tauschen solle. Schließlich wurde er erst letztes Jahr Vater. Doch er und seine Frau glaubten an die Geschäftsidee und Petzold wagte den Sprung ins kalte Wasser. Finanziert hat er sein Unternehmen zwar selbst, aber ohne ein funktionierendes Netzwerk wäre die Umsetzung seiner Pläne kaum möglich gewesen. „Man muss als kleiner Unternehmer eben vieles auch selber machen, zum Beispiel Pressearbeit, aber ohne die Mithilfe meiner Freunde wäre ich nicht da, wo ich heute stehe“, erklärt der Existenzgründer.

www.schreibstatt.de