Im Jammern sind wir Deutschen Weltmeister. Ob es das Wetter ist, die schlechten Straßen in manchen Städten – oder die ständige Erreichbarkeit per Mobiltelefon und E-Mail. Stets haben wir etwas zu beklagen. Ständige Erreichbarkeit soll sogar krank machen – und die Vorteile sind schnell vergessen. Sicher, der Wettbewerb für Selbständige und Freiberufler ist hart. Ist aber die Folge, dass wir ständig und überall erreichbar sein müssen? Während ich diese Zeilen schreibe, meldet sich meine Redaktion. Nicht per Handy, sie riefen in meinem Büro an. Während meines Arbeitsurlaubs am Bodensee teste ich einen Erreichbarkeitsservice. Karola, meine freundliche Call-Center-Agentin, nahm den Anruf entgegen und informierte mich per E-Mail (Empfang mit Smartphone). Ich frage mich, ob ich mein Handy nicht gänzlich für eine Woche ausschalten soll. Was verpasse ich? Werde ich zum Smartphone-Junkie oder gar Zombie?
Was für ein Erreichbarkeitstyp bist Du?
Gewiss, der Bäcker- oder Fleischermeister wird seinen Kunden im Urlaub per Handy keine Brötchen backen oder Wurst abschneiden können. Mal abgesehen davon, ruft ihn während des Betriebsurlaubs ohnehin kein Kunde an oder schreibt ihm eine dringende E-Mail. Informationsdienstleister und Vertriebler, ausgerüstet mit Notebook, Smartphone und Funk-Internet, könnten aber – rein therotisch – auch im Urlaub oder in der Freizeit arbeiten, Projekte nachbessern, sich über Termine informieren oder Angebote schreiben. Bestimmt sehr zur Freude unserer Partner und der Familie, die sich über unsere Mobilität und ständige Erreichbarkeit begeistern.
Die 5 Erreichbarkeitstypen
Der Neugierige: Der neugierige Typ kann es nicht lassen, ständig nachzuschauen, wer angerufen oder eine E-Mail oder SMS geschickt hat. Er muss ständig informiert sein, was, wie, wo, wann passiert. Selbst während der Beerdigung seiner Schwiegermutter verdrückt er sich heimlich aufs Klo, um auf seinem Handy die neuesten Nachrichten zu lesen. In ständiger Sorge um seine Akku-Kapazitäten trägt er einen Not-Akku mit sich herum. Manche von ihnen verfügen sogar über ein Zweit-Handy, das sie mit in den Urlaub nehmen.
Der Konsequente: Der konsequente Typ geht immer auf Nummer sicher. Vor dem Urlaub sind alle Kunden über seine Abwesenheit informiert, per E-Mail sind Autoresponder geschaltet und die Ansage auf dem Anrufbeantworter neu besprochen. Er hat feste Bürozeiten und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Einziger Nachteil: er wagt wenig Neues, geht kaum Risiken ein. Dafür lebt er ein wenig gesünder – und gilt bei seinen Kunden als zuverlässig.
Der Ängstliche: Der Ängstliche hat ständig Angst, etwas zu verpassen: Einen Auftrag, einen neuen Kunden, … Anders als der kindlich-neugierige Typ schaut er in großer Erwartungshaltung ständig auf sein Handy und in seine E-Mail, weil er an das Allheilmittel seiner Technik glaubt. Das Dilemma: Durch den Stress steigt seine Nervösität, seine Kunden spüren es und werden verunsichert – und buchen ihn lieber als Feuerwehrmann. Für Aufträge, die sonst keiner annehmen würde.
Der Angeber: Der Angeber ähnelt dem neugierigen Typen, lässt aber kaum eine Minute aus, um allen Mitmenschen zu zeigen, wie gut er erreichbar ist. Selbst wenn diese Typen nicht einen einzigen Anruf im Urlaub erhalten, legen sie ihr Handy demonstrativ auf den Tresen in der Hotelbar, setzen sich mit ihrem Notebook in den Strandkorb und posten irgendwelchen Unsinn bei Facebook, Twitter oder Xing. Nur, um zu zeigen: Ich bin allways on und allzeit bereit. Mehr Aufträge bringt es nicht, aber es steigert das Ego ungemein. Dazu fand ich ein interessantes Interview mit Klaus Eck bei netz-reputation.de.
Der Verweigerer: Der Verweigerer ist eine Mischform. Er hat die meiste Zeit konsequent sein Handy ausgeschaltet und schaut nur selten in seine E-Mail. Im Alltag als auch im Urlaub. Meist ist seine Mailbox aktiviert. Er fürchtet sich vor der ständigen Erreichbarkeit, vor seiner Neugier, doch nachzusehen. Er ist ängstlich, weil er glaubt, fremde Erwartungen nicht erfüllen zu können. Gleichzeitig kann er damit angeben, gegen den Strom zu schwimmen. Die Hardliner unter den Verweigerern lassen ihr Handy an – ohne bei Nicht-Erreichbarkeit die Mailbox zu aktivieren. Es klingelt so lange bis die Ansage ertönt: „Der Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.“
Wie bist Du in der Freizeit, bei Krankheit oder im Urlaub für Kunden und Lieferanten erreichbar? Per Handy, E-Mail – oder überhaupt nicht?