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Eigentlich möchte ich nicht mehr arbeiten und nur noch Rechnungen schreiben. Rechnungen zu schreiben, zählt zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen als Freiberufler. Ich gehöre zu den konservativen Zeitgenossen, die ihre Rechnungen lange Zeit noch manuell mit einer Textverarbeitung aufgesetzt haben. Hin und wieder vergaß ich dann auch die Zahlungsziele, formulierte stattdessen Sätze wie „Für eine Zahlung in den nächsten Tagen danke ich Ihnen :-)“ Geholfen hat das zwar selten, aber die Buchhalterinnen in den Unternehmen haben sich immer über das kleine Smiley gefreut. Rechnungen sind aus meiner Sicht, wie Angebote auch, Liebesbriefe.

Die Überreichung einer Kostennote

Heute werden Rechnungen meist elektronisch von einer Software erzeugt und per E-Mail als PDF-Dokument gesendet. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, als ich meine Rechnungen mit diesem Smiley ausdruckte 🙂  – und sie mit Freude zum Briefkasten brachte. In Erwartung einer liebevollen Antwort – in Form eines Kontoauszuges.

Wegen einer mietrechtlichen Auseinandersetzung in dieser „guten, alten Zeit“ musste ich mir mal einen Anwalt nehmen. Der tat fast nichts – außer mir einen Brief zu schicken, um mir darin „eine Kostennote zu überreichen“.

Ich ärgerte mich über diese anwaltliche Kostennote. Da ich ein positiv denkender Mensch bin, überlegte ich, ob meine harte Arbeit denn nicht auch mehr wert sein könne, als sie nur mit einer schnöden Rechnung abzuschließen. Fortan sandte ich an meine Redaktionen, für die ich tätig war, nur noch Kostennoten. Zunächst waren meine Redakteure verwirrt, ließen sich aber davon überzeugen, dass dies rechtens sei.

Die Sache mit den Schmerzensgeldrechnungen

Später gründete ich mit einer Kollegin eine Medienagentur und wir übernahmen größere Projekte, unter anderem für Regierungen und Politiker. Größere, öffentliche Projekte bringen zwar mehr Umsatz, haben aber den Nachteil, dass, wenn viele Menschen beteiligt sind, es zu Machtkämpfen und Intrigen kommt. So manches Mal bereute ich dann, die Projekte angenommen zu haben. Kam es zum Abschluss, setzte ich – wieder voller Freude -wie gewohnt meine Kostennote auf. In manchen Fällen sogar mit einem Stempel versehen: „Vertraulich“. Denn schließlich könnte ja bei Projekten mit Politikern die nationale Sicherheit betroffen sein, oder es ihnen peinlich sein, dass sie meine Dienste in Anspruch nehmen mussten 🙂

Wenn ich mich bei (zum Glück nur sehr wenigen) Projekten geärgert hatte, stand auf der Rechnungskopie für die Buchhaltung nicht etwa „Rechnung“ oder „Kostennote“ – sondern „Schmerzensgeldrechnung“. Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung wunderte sich die Finanzbeamtin und fing an, mit mir zu diskutieren. Schließlich konnte ich sie überzeugen – und zum Lachen bringen. Die Prüfung verlief (fast) glimpflich.

Reisekostenabrechnungen – preußengenau geheftet!

In der Zeit, in der ich mit meiner Kollegin die Medienagentur betrieb, hatten wir auch Konzerne als Kunden, darunter einen sehr großen Telekommunikationskonzern. Einmal musste ich zu einem persönlichen Meeting mit dem Marketingvorstand reisen. Da fielen natürlich Reisekosten an. Zurück von der Reise, schrieb ich eine Reisekostenabrechnung, klemmte die Belege mit einer Büroklammer an das Dokument und versandte es an die Konzernbuchhaltung. Eine Woche später kam sowohl die Rechnung als auch die Belege mit einem Begleitschreiben wieder zurück. Darin stand, persönlich vom Chef der Finanzbuchhaltung unterschrieben: „Wir können leider nur ordentlich geheftete Reisekostenabrechnungen anerkennen. Mit freundlichen Grüßen….“ Offenbar hatten sich die Belege von der Büroklammer beim Brieftransport gelöst.

Nun, was hätten Sie empfunden? Statt mich lange zu ärgern, bin ich in den nächsten Stempelladen marschiert und habe mir einen speziellen Stempel anfertigen lassen. Der kostete immerhin 30 DM. Die Belege wurden angetackert – und die Rechnung abgestempelt: „Preußengenau geheftet“. Zwei Tage später rief mich der Chef der Finanzbuchhaltung an, hat sich sehr bedankt und gelacht: „Sie haben unsere Abteilung sehr amüsiert. Ihre Rechnung wurde bereits angewiesen“.

Ob Sie mir diese Geschichten nun glauben, oder nicht, spielt keine Rolle. Auch eine trockene Buchhaltung kann Freude machen, wenn man nur ein klein wenig kreativ ist und entsprechende  Hilfsmittel – z.B. kaufmännische Software – einsetzt – sowie mit Humor an die Sache geht 🙂