Im letzten Teil unseres Interviews mit der Burnout-Expertin Sabine Freutsmiedl geht es um vorbeugende Maßnahmen, damit es erst gar nicht zu einem Burnout kommt.
Eine zusammenfassende Frage zum Abschluss: Was kann man generell tun, um einem Burnout vorzubeugen?
Sabine Freutsmiedl: Zu allererst gehört sehr viel Ehrlichkeit sich selbst gegenüber dazu. Wir haben einen Fragebogen entwickelt, in dem Interessierte sich anhand von 100 Aussagen selbst einschätzen können. Dazu gehören Fragen nach Kraftquellen und Kraftorten, Fragen nach Glaubenssätzen und Werten, aber auch Sinnfragen. Zur damit verbundenen Selbsterkenntnis könnte gehören, dass der Beruf zum Lebensinhalt geworden ist, verantwortlich dafür vielleicht ein Gefühl der eigenen Unentbehrlichkeit. Deutlich werden könnte, dass eigene Vitalbedürfnisse gar nicht mehr oder nur unzureichend wahr genommen werden. Auffällig ist oft, dass die Hyperaktivität in der Arbeitszeit auch zu Hause nicht mehr gestoppt werden kann – man nicht mehr abschalten kann. Warnsignale sind aber auch die Vernachlässigung der Familie und der Freunde, verbunden mit dem nagenden Gefühl, zu wenig Zeit zu haben. Lebensersatz werden dann zunehmend Sucht- und Trostmittel.
Wie kann man sich selbst analysieren?
Sabine Freutsmiedl: Das Problem bei jeder Selbstanalyse ist: ernstlich Betroffene neigen eher zur Abwehr. Über lange Zeit wird aufgrund der stimulierenden Wirkung des Adrenalins, ja der Zustand steter Überforderung als angenehm empfunden, „Ich brauche das eben“m heißt es dann. Dafür bietet sich die scherzhaft-bittere Bezeichnung Adrenalin-Junkies an. Zu den Symptomen gehört aber auch die Umdeutung von Wahrnehmungen, wie zum Beispiel „Natürlich vernachlässige ich meine Familie, aber die hat Verständnis dafür, dass ich so viel arbeiten muss. Ich muss das nur noch 2 Wochen durchhalten.“ – woraus dann 2 Jahre werden und die Diagnose Burnout.
Externe Hilfe mit objektiven, unleugbaren Analysen hat dabei mitunter größere Wirksamkeit und Überzeugungskraft. Wir benutzen dazu im Institut spezielle Blut- und Speichelanalysen sowie das Messen der Herz-Rhythmus-Variabilität.
Was kann man denn konkret tun, um ein Burnout zu verhindern?
Sabine Freutsmiedl: Das in diesem Zusammenhang Wichtigste zum Schluss: Die akute Zunahme psycho-sozialer Erkrankungen – Burnout ist dafür nur stellvertretend – steht nachweislich in einem direkten Zusammenhang mit einer dreifachen Beschleunigung in unserem Leben, manifestiert durch die Nebenwirkungen des Technischen Fortschritts, einem raschen sozialen Wandel und durch die stete Zunahme des individuellen Lebenstempos. Die Antwort darauf: Entschleunigung, Muße, Stille. Das scheinbar Einfache, das für Manchen so schwer zu haben ist, aber wieder erlernt werden kann und muss.
- Leitet das von ihr gegründete Metabalance-Institut für Ganzheitliches Gesundheitsmanagement und Prävention in Leipzig (www.metabalance-institut.de)
- Herausgeberin und Autorin des Buches „Vitale Unternehmen in Balance. Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement“, erschienen in 06/2011 im Metabalance-Verlag
- Unternehmensberaterin, Führungskräfte-Trainerin, Coach (Systemisches Coaching, Wingwave®-Coaching)
- 20 Jahre Berufserfahrung in Wirtschaft, Gesundheitswesen & Erwachsenenbildung