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Microsoft dominiert mit seinen Office-Anwendungen seit mehr als einem Jahrzehnt den Weltmarkt. Inzwischen gibt es aber zahlreiche kostenfreie Alternativen fürs Büro. Für wen lohnt sich ein Umstieg?

Der Beitrag erschien 2010 in redigierter Fassung in der Unternehmerzeitschrift Profirma.

Jana Schlegel und Thomas Kujawa - Familienfreund KG - Foto Ralf Julke, l-iz.de

Microsoft-Office-Umsteiger: Jana Schlegel und Thomas Kujawa, Familienfreund KG aus Leipzig – Foto: Ralf Julke, l-iz.de

Ob für Geschäftsbriefe, Preiskalkulationen oder Verkaufspräsentationen: keine Firma kommt heute mehr ohne Büroanwendungen aus. Die meisten Unternehmen setzen dabei auf Microsoft Office. Wer aber bei Google „Konkurrenz zu Microsoft Office“ eingibt, landet schnell auf der Website der kostenfreien Open-Source-Software OpenOffice.org . Für die beiden Leipziger Existenzgründer und Jana Schlegel und Thomas Kujawa waren es vor allem die zu hohen Lizenzgebühren von MS Office, die sie zu einem Umstieg auf das kostenfreie OpenOffice.org beim Firmenstart vor fünf Jahren bewogen. Beide waren zuvor Microsoft-Produkte gewohnt. „Es war keine große Umstellung, ich habe zwar bestimmte Funktionen bei Excel genutzt, aber in der Regel arbeitet man im Alltag ohnehin nur mit Basisfunktionen wie Sortierung oder Formatierung“, erklärt Thomas Kujawa, Prokurist der Firma Familienfreund KG, die Dienstleistungen für Unternehmen und deren Mitarbeiter anbieten, um Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

 

Wie Microsoft-Office sich zum Bürostandard entwickelte

Microsoft dominiert seit der ersten Office-Version den Weltmarkt. Zu den Büroanwendungen des Paketes, auch als „Office Suite“ bezeichnet, gehören seit der ersten Veröffentlichung für Apple-Computer, 1989, Textverarbeitung (Word), Tabellen (Excel) sowie Präsentation (Powerpoint). 1990 brachte der US-Software-Riese aus Redmond die erste Windows-Variante heraus. Auf zahlreichen PC und Notebook, die bei Discountern erhältlich sind, ist heute eine MS-Office-Basisversion oder Testversion bereits vorinstalliert. Vor allem für PC-Einsteiger entwickelte sich das hellblaue „W-Symbol“ auf ihrem Deskop, eine Abkürzung für MS-Word, als das Synonym für PC-Textverarbeitung.

Der Internet-Dienstleister Webmasterpro.de ermittelte im vergangenen Jahr mit einer völlig neuen Methodik die bei mehr als einer Millionen deutschsprachigen Internet-Nutzer installierte Bürosoftware. Er kam zu dem Ergebnis, dass MS-Office mit rund 72 Prozent den Markt dominiert, gefolgt von OpenOffice.org und Staroffice, aus dem OpenOffice.org hervorging, mit 21,5 Prozent. Weit abgeschlagen bringt es WordPerfect Office auf 2,7 Prozent und Apple iWork auf 1,4 Prozent.

 

IT-Marketing-Manager Michael Wolf

IT-Marketing-Manager Michael Wolf

Erfolgsgeheimnis von Office

„Der Erfolg und die Marktdominanz von MS Office liegt darin, dass Microsoft den Markt zuerst besetzt und auch kommunikativ tief durchdrungen hat. Von dem sich daraus langfristig aufgebauten Image als Markt- und Technologieführer profitiert Microsoft noch heute. Das Geheimnis liegt nicht im technischen, sondern eher im gefühlten Standard. Und daran wird sich so schnell nichts ändern“, erklärt Michael Wolf, Marketingberater und Interimsmanager aus München, der über mehr als 15 Jahre Erfahrung unter anderem im IT-Marketing verfügt. So konnte OpenOffice.org trotz seiner kostenfreien Erhältlichkeit im vergangenen Jahr nur drei Prozent zulegen.

 

Manuel Schreiber - Redaktion Chip

Manuel Schreiber – Redaktion Chip

Nicht nur Lizenzkosten entscheiden über Umstieg

Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das Büropaket vor allem bei kleineren Selbständigen und Freiberuflern. „Bei Kleinunternehmern ist der Umstieg wesentlich unproblematischer, vor allem, wenn das Office-Paket nur für einfache Tabellen, Texte und Mail-Funktionen genutzt wird“, meint Manuel Schreiber, Redakteur der Computerzeitschrift Chip. Anders schaue es in größeren Unternehmen aus. „Vor einem Umstieg sollte man nicht nur die Lizenzkosten im Auge haben, die etwa bei Open-Source-Lösungen wegfallen, sondern den gesamten Migrationsprozess. Das fängt schon bei den bereits vorhandenen Dokumenten an. Das Unternehmen muss prüfen, ob bestimmte Makros auch in dem Alternativ-Programm funktionieren, ob Software von Drittherstellern MS-Office voraussetzen und welche Pakete die Alternative überhaupt umfasst. Der bekannteste Konkurrent, OpenOffice.org, hat etwa keinen integrierten Mail-Client – hier muss zusätzlich noch ein Programm wie Thunderbird eingerichtet werden.“ Kurzfristig müsse sich ein größeres Unternehmen allerdings darauf einstellen, dass der Umstieg wesentlich mehr Kosten verursache, als eine Lizenzverlängerung kosten würde, da man zum Beispiel eine Testumgebung aufbauen und Mitarbeiter schulen müsse, so der Softwareexperte. Entscheidend sei auch, ob teambasiertes Arbeiten eine Rolle spiele. Microsoft Office 2010 erlaubt es, dass mehrere Personen gleichzeitig eine Datei bearbeiten, zusammen chatten, off- und online arbeiten können. Richtig genutzt, können diese Funktionen die Teamarbeit also effizienter gestalten.

 

Office-Lösungen im Mittelstand

Jan und Dr Peter Westerbarkey CEOs

Die Unternehmer Jan und Dr. Peter Westerbarkey setzen auf Open Source

Der Gütersloher Familienkonzern Westaflex setzt seit Jahren konsequent auf Open-Source. Die Notebooks der Außendienstmitarbeiter wurden zunächst mit StarOffice und später mit OpenOffice Portable auf USB-Sticks ausgerüstet. „Da es sich hierbei um freie Handelsvertreter handelt, konnten wir nur begrenzt Einfluss nehmen auf den installierten Softwarebestand – deshalb PortableOpenOffice.org“, erklärt Klaus Polke, Vertriebsleiter bei der Westaflex-Gruppe. Eine große Akzeptanz gelang jedoch erst mit der Verteilung des Buches „OpenOffice.org ESPRESSO“ aus dem Franzis Verlag. Jeder der knapp 200 Mitarbeiter erhielt dieses 400-Seitige Taschenbuch mit Software-CD zur Nutzung in Schule, Familie und Freizeit. Die Erstellung einer Einladung zum 40. Geburtstag wurde damit abends so einfach wie die Kreation eines Werbe-Flyers am nächsten Tag im Büro. „Wir fühlen uns nicht nur aus kaufmännischer, sondern auch aus rein Risiko-Management bezogener Sicht pudelwohl mit OpenOffice.org“, so Geschäftsführer Jan Westerbarkey.

Das Unternehmen Montanhydraulik ging den umgekehrten Weg. Mit neun Standorten weltweit, ist die Firma, die Hydraulikzylinder, -motoren und -ventile herstellt, auf eine reibungslose interne und externe Kommunikation angewiesen. Bei der Softwarelösung auf Open-Source-Basis mussten die Mitarbeiter verschiedene Programme einsetzen, auch fehlte eine mobile Lösung. Montanhydraulik ersetzte OpenOffice.org durch Microsoft Office Small Business 2007 mit einem Exchange-Server, der den mobilen Zugang zu E-Mails, Terminen und Kontakten ermöglicht. „Es hat sich gezeigt, dass Messaging-Lösungen auf Linux-Basis gar nicht so günstig waren, wie wir angenommen haben“, berichtet IT-Leiter Harald Richter. Für die Administratoren verringerte sich der Aufwand für die Verwaltung von Arbeitsplätzen Servern.

 

Probleme beim Dokumentenaustausch – ODF ist heute Standard

„Auf Probleme stoßen wir nach dem Umstieg auf OpenOffice.org nur selten und wenn, dann beim Dokumentenaustausch mit anderen Unternehmen, die beispielsweise ein Original-Word einsetzen“, berichtet der Leipziger Unternehmer Thomas Kujawa. Anwender der verschiedenen Office-Pakete klagen im Internet häufig über Formatprobleme zwischen MS Office und kostenfreien Open-Source-Paketen, aber auch unter einzelnen Office-Versionen, beispielsweise zwischen Mac- und Windows-Varianten. Laut Microsoft sollen die Schwierigkeiten bei Mac-Computern mit der Ende letzten Jahres erschienen Microsoft Office 2011 behoben sein. Gleiches gilt mit der Implementierung des ISO-standardisierten OOXML-Formats bei Office 2010 für Windows-Rechner. Aber: OOXML ist zwar ein genormtes, aber eben wieder nur ein Microsoft eigenes Format, das sich gegen den inzwischen weit verbreiteten „Open-Document-Format“-Standard (ODF) für Bürodokumente nicht durchsetzen konnte. Wie bei der rasanten Verbreitung des Webbrowsers Mozilla Firefox, der Microsofts Internet Explorer den Spitzenrang ablief, setzt sich die weltweite Open-Source-Bewegung mit ODF durch, was selbst Microsoft-Technikchef Stuart McKee schon 2008 eingestehen musste.

Oliver Gronau, Microsoft

Oliver Gronau, Microsoft

Es sind aber nicht nur das Dokumentenformat für Texte, Tabellen oder Präsentationen, die den Anwendern beim Umstieg Kopfschmerzen bereiten können. „Wir bei Microsoft implementieren verabschiedete Standards, in manchen Open-Source-Angeboten kommen aber auch Dateiformat-Varianten zum Einsatz, die schon intensiv diskutiert werden, aber noch nicht verabschiedet sind. Wird ein Dokument dann abgespeichert und dann auf einem anderen System wieder geöffnet, könnte das ein Grund für Inkompatibilitäten sein“, meint Oliver Gronau, Direktor der Business Group Information Worker, Microsoft Deutschland. Ein weiterer Grund für Kompatibilitätsprobleme könnten Makros sein, wie Gronau erklärt: „Es gibt viele Unternehmen, die für bestimmte Vorgänge Makros für Office-Programme wie Word oder Excel geschrieben haben. Nun kann es passieren, dass diese Makros spezielle Funktionen eines Word oder Excel aus der Vergangenheit nutzen. Auch das kann gelegentlich zu Inkompatibilität bei Dokumenten führen.“

 

Teamwork: Office-Anwendungen im Web

Auch Google bietet mit seiner Webapplikation „Google Docs“ scheinbar eine Office-Alternative, mit der Dokumente unter mehreren Nutzern bearbeitet und auch in Fremdformaten wie PDF oder DOC (MS-Word) gespeichert werden können. Doch sind diese webbasierten Lösungen, die auch Microsoft unter der Bezeichnung ‚Office Web Apps‘ anbietet, kein Ersatz für lokal installierte Bürosoftware. „Die Office Web Apps sind keine Alternative, sondern eine funktional reduzierte Ergänzung der lokal installierten Vollversionen von Office 2010. Es geht dabei darum, beispielsweise auch unterwegs auf im Web gespeicherte Dokumente zuzugreifen und beispielsweise eine Präsentation um neueste Marktzahlen oder ein Angebot zu aktualisieren. Natürlich geht auch etwas mehr, aber die Kunden werden ihre Verkaufspräsentation weiterhin am PC oder Notebook vorbereiten und mit entsprechenden Animationen versehen“, erklärt Oliver Gronau von Microsoft den Unterschied.

LibreOffice: Alternative zu MS-Office und OpenOffice

LibreOffice: Alternative zu MS-Office und OpenOffice

 

 

Mein persönliches Fazit:

Vor einem Umstieg ist zu beachten, welche Anwendungen überhaupt notwendig sind und ob vorhandene und noch benötigte Dokumente mit selbst erstellten Makros konvertierbar sind. Testumgebungen mit Parallelinstallationen von MS Office und beispielsweise OpenOffice.org sind in größeren Firmen empfehlenswert. Zusatzfunktionen, wie das Bearbeiten von PDF-Dokumenten, bieten nur wenige Programme, wie beispielsweise die für rund 400 Euro Alternative WordPerfect. Wer heute auf eine Open-Source-Lösung wie OpenOffice.org umsteigen möchte, sollte sich vorher mal das neue Derivat „LibreOffice“ anschauen. Führende Mitglieder von OpenOffice.org verließen das Projekt aufgrund des nachlassenden Engagements von Softwareriese Oracle im vergangenen Herbst und kündigten die Gründung einer unabhängigen Stiftung an. LibreOffice löst in Linux-Distributionen wie Ubuntu oder Fedora OpenOffice.org ab. Die neue Version erschien Anfang Mai. Ein Blick lohnt sich und dürfte auch nicht schwer fallen: es ist kostenlos.

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